Umpumpen eines Ammoniakkesselwagens
Durch eine Fehlmanipulation entgleiste ein mit Ammoniak gefüllter SBB-Kesselwagen in Brugg. Um das Gefahrengut umzupumpen, war die Zusammenarbeit mehrer Organisationen notwendig.
(03. September 2001)(Eine ausführliche Fassung dieses Berichts kann in der Ausgabe 2/2002 der Schweizerischen Feuerwehr Zeitung nachgelesen werden)
Am. 3. Oktober 2001 ereignete sich auf dem Zufahrtsgeleise zur Chemia AG im Bereich des Bahnhofes Brugg durch eine Fehlmanipulation eines Rangierarbeiters eine Entgleisung eines 2-achsigen Kesselwagens mit 19'630 kg Ammoniak. Die Brugger Feuerwehr und Oel/Chemiewehr wurde aufgeboten.
Da kein Austritt von Ammoniak festgestellt wurde, konnte die Unfallstelle gesichert werden. Die nötigen Abklärungen und die Planung des Umpumpens und Bergens des Wagens konnte vorbereitet werden. Spezialisten der SBB und der Chemiewehren EMS Dottikon unterstützten uns in der Einsatzplanung. Die grössten Probleme stellten die Beschaffung eines Ersatzzisternenwagens und einer Flüssiggaspumpe dar. Ein Kesselwagen wurde in Visp organisiert und von den SBB sofort nach Brugg verschoben.
Eine Pumpe für Ammoniak steht bei der Chemiewehr Roche Sisseln zur Verfügung. Somit wurde ein Vertreter der Roche Chemiewehr für die Einsatzplanung beigezogen.
Die verschiedenen Aufgaben wurden unter den fünf beteiligten Organisationen wie folgt aufgeteilt:
Stützpunktfeuerwehr Brugg: | Gesamteinsatzleitung, Koordination mit Beteiligten, Sicherung, Brandschutz, Dekostelle, Logistik |
Chemiewehr Roche Sisseln: | Umpumpen mit Flüssiggaspumpe |
Messgruppe EMS-Dottikon: | Schadstoffmessungen in der Luft |
Stadtpolizei Brugg: | Information Nachbarschaft, Signalisationen |
SBB: | Umleitung Bahnverkehr, Erdung der (stromlosen) Geleiseanlage, Bergung des leeren Havaristen |
Für die Chemiewehr Roche Sisseln war dies der erste Ernstfalleinsatz mit ihrer Spezialpumpe für verflüssigte Gase. Mit diesem Gas hatte die CW Roche allerdings bereits Erfahrung, weil sie zu Übungszwecken bereits eine Zisterne mit flüssigem Ammoniak umgepumpt hatte.
Die Vorbereitungen zum eigentlichen Umpumpeinsatz begannen bereits am späteren Nachmittag: Spezialisten der Chemiewehr Roche installierten die Schlauchverbindungen vom entgleisten Tankwagen zur Pumpe und von dort zum leeren Ersatztankwagen Anschliessend führten sie Druckprüfungen durch. Die Chemiewehrzone wurde abgesperrt und die Beleuchtung des Umfeldes vorbereitet.
Nach 20 Uhr sperrte die Feuerwehr Brugg den Schadenplatz auf der Südseite (Gelände der Firma Chemia und Umgebung) grossräumig ab.
In der Chemiewehrzone wurden zwei Wasserwerfer und ein Hochleistungslüfter installiert. Damit hätte austretendes Gas mit einem feinen Sprühstrahl gebunden werden können.
Am Zonenrand mussten eine Dekontaminationsstelle für die im Vollschutz arbeitenden Chemiewehrspezialisten eingerichtet und eine Pulverlöschanlage für den Brandfall einsatzbereit gemacht werden.
Nachdem sich alle Einsatzkräfte verpflegt hatten, konnte es losgehen. Ausschnitte aus dem (stark verkürzten) Einsatzjournal zeigen den Ablauf der "heissen" Phase:
Donnerstag, 4. Oktober 2001 | ||||
23: | 20 | SBB | Fahrleitungen stromlos, geerdet | |
30 | Of Sicherung Brugg | Absperrungen auf beiden Seiten der Geleise ok, Verkehrsposten bereit | ||
33 | EL | Einsatzbeginn | ||
36 | Of Front CW | Havarist: Hauptventil offen | ||
38 | Of Front CW | Druck an Pumpe 7 bar, Druckausgleich läuft | ||
49 | Of Sicherung | Wärmebildkamera: keine Temperaturdifferenz im Havarist feststellbar | ||
Freitag, 5. Oktober 2001 | ||||
02: | 10 | Of CW | Umpumpen beendet, Umbau auf Stickstoffspülung | |
03: | 15 | Of CW | Reservist vollständig geschlossen | |
30 | EL | Rückzug Brandschutz | ||
33 | EL | Bahntrassée für AdF gesperrt, Bahngeleise für SBB freigegeben | ||
04: | 10 | SBB | SBB-Fahrleitungen unter Strom | |
45 | Rückzug aller restlichen Einsatzmittel, CW Roche, FW Brugg |
Fazit:
Der ganze Einsatz lief ohne Probleme ruhig aber sehr professionell ab. Für alle Beteiligten bleibt dieser Einsatz als sehr instruktiv in Erinnerung, konnte doch die Zusammenarbeit mehrerer Einsatzorganisationen im Einsatz erprobt werden.
Der relativ glimpflich abgelaufene Rangierunfall löste eine aufwändige Bergungsaktion unter grossen Sicherheitsvorkehrungen aus. Vielen Beteiligten wurde wieder einmal bewusst, dass wir tagtäglich mit solchen Risiken leben.
In der Zwischenzeit sind uns noch weitere Bilder zur Verfügung gestellt worden, wovon wir eine Auswahl als Ergänzung zum Bericht zeigen möchten.
Alle nachfolgenden Bilder © Manfred Baumann, SBB Bahnhof Brugg