Feuerwehrmaterial für die Ukraine

Dank der Neueinkleidung von Feuerwehren in der Region Brugg erhalten ukrainische Feuerwehrkameraden Brandschutzkleider aus der Schweiz. (29. Dezember 2015)

Uschhorod ist eine Stadt mit ca. 150'000 Einwohner und die Hauptstadt der Oblast Transkarpatien in der Ukraine. Die Stadt liegt ganz im Südwesten der Ukraine, unmittelbar an der Grenze zur Slowakei und etwa 15km entfernt von der ungarischen Grenze.

Im Januar 2012 konnte ich erstmals die Berufsfeuerwehr von Uzghorod besuchen. Der Empfang war herzlich und mit grossem Stolz wurden mir die Fahrzeuge, das Betriebsgebäude, Übungsanlagen und die Ausrüstung gezeigt. Die ukrainischen Kameraden arbeiten in 24 Stunden Schichten und der Einsatzradius beträgt ca. 30km. Der weiteste Einsatz führte sie jedoch 1986 ins 900km entfernte Tschernobyl, woran bis heute eine Gedenkstätte vor dem Hauptgebäude erinnert.

Der Fuhrpark besteht, bis auf einen österreichischen STEYR 91, aus Fahrzeugen sowjetischer Herkunft. Bei meinem ersten Besuch war der STEYR jedoch noch nicht für den ordentlichen Betrieb zugelassen. Manchmal wiehert der Amtsschimmel eben auch in der sonst eher pragmatischen Ukraine. Heute ist es aber das 1. Einsatzfahrzeug. Ebenfalls bei meinem ersten Besuch wurde mir die Frage gestellt, ob ich wisse, weshalb es einen Propeller (Lüfter) auf dem Fahrzeug hat ... Ich konnte danach auch gleich eine simultan übersetzte Kurzlektion Lüftereinsatz halten. Über die neuen Erkenntnisse wurde jedoch eher belustigend debattiert. Ruft man sich die Einsatzdistanzen, die Strassenzustände, Bausubstanzen und häufig fehlenden Branderkennungseinrichtungen in Erinnerung, bekommt man jedoch Verständnis für die unterschiedlichen Prioritäten. Die Ausrüstung, welche zu einem grossen Teil aus Zeiten der Sowjetarmee bzw. Polizei stammt, wird mit grosser Hingabe und Liebe zum Detail von der Mannschaft gehegt und gepflegt. Im Gegensatz zu uns sind die Kameraden in der Lage, ein Fahrzeug innerhalb eines Tages komplett zu zerlegen und entsprechende Reparaturen vorzunehmen. Das liegt jedoch nicht an den unterschiedlichen Fachkenntnissen, sondern an der eher mechanisch lastigen Ausführung der Gerätschaften. Schon fast futuristisch mutet da der Gelenksteiger an, welchen man auch gelegentlich bei privaten Einsätzen in der Stadt antrifft.

Wenn man sieht, mit welch spartanischer Ausrüstung die Männer Ihrem Beruf nachgehen, kann man sie nur aufrichtig bewundern und Respekt zollen. Natürlich sind sehr viele Parallelen vorhanden. Dies wurde speziell fühlbar bei der Führung durch unser Magazin und beim SBB LRZ unter der fachkundigen Führung von Severin Thut. Die Kameraden waren nur selten auf die Übersetzung angewiesen und wussten stets, wie und für was die jeweiligen Gerätschaften verwendet werden. Nicht zuletzt verbindet uns auch die Leidenschaft, zu retten, zu helfen und den Schaden zu wenden. Der Entschluss diese Männer nach Möglichkeiten zu unterstützen, war schnell gefasst.

Zurück in der Schweiz und nach einigen kurzen Gesprächen mit Kameraden, konnte ich anfangen, die ersten Ausrüstungsgegenstände zu sammeln. Die 1.Tranche von ca. 20 Brandschutzjacken, organisiert durch Korpschef Serge Läderach, konnte ich bei einem weiteren Besuch in der Ukraine im August 2014 persönlich übergeben. Die Jacken kamen noch am gleichen Tag zu Ihrem ersten Einsatz am neuen Ort.

Einen grossen Materialschub gab es anschliessend durch die Neueinkleidung der Feuerwehr Villnachern und Brugg. Besten Dank an Daniel Bürge für den wertvollen Hinweis und die Kommandanten Thomas Schluep und Florian Isenring. Das Material musste jedoch noch einige Zeit lagern, bevor es den Kameraden aus der Ukraine übergeben werden konnte. Die Idee, das Material persönlich zu bringen musste ich aufgrund der bürokratischen Hürden nämlich schnell begraben. Im November 2015 kamen dann drei Kameraden aus Uzghorod für den 1. Transport mit einem privaten Kleinbus in Brugg vorbei. Die kleine Delegation erhielt natürlich eine Führung durch unsere Magazine. Bereits über die Oldtimer und deren sehr guten Zustand waren sie sehr erstaunt. Als sie anschliessend das Magazin Stahlrain betreten haben, wurde es für einen Moment still. Unglauben darüber, dass es sich hierbei um eine freiwillige Feuerwehr handelt und wie sauber und gepflegt alles ist.

Der Hauptgrund des Besuches war jedoch das Feuerwehrmaterial aus der Schweiz, welches in der Ukraine bereits freudig erwartet wurde. Bis unters Dach wurde der Kleinbus mit Jacken, Hosen, Stiefel, Helmen und Feuerwehrgürtel beladen und nach gut 6 Stunden in der Schweiz die 1'400km lange Heimreise angetreten. Über die Ankunft des Materials wurde in diversen lokalen Medien ausführlich berichtet. Von höchster Stelle der regionalen Feuerwehrorganisation wurde zudem der herzliche Dank an alle Kameraden aus der Schweiz gesendet, welche dies alles erst möglich gemacht haben.

Weiteres Material wurde durch die Feuerwehr Mönthal vom neuen Kommandanten René Wyssmann zur Verfügung gestellt. Dieses Material wurde nun Mitte Dezember 2015 ebenfalls durch die Feuerwehr Uzghorod bei uns in Brugg abgeholt.

Medienberichte:

"Uzhgorod Feuerwehrleute tragen Kleider aus der Schweiz"

"Transkarpatien Rettungskräfte erhielten Unterstützung aus der Schweiz"

"Transkarpatien Retter erhielten Unterstützung aus Schweizer Kollegen"


Nachtrag, 14. Februar 2016: Auf YouTube wurde ein Video veröffentlicht, dass die "neue" Ausrüstung bei einem Einsatz zeigt: https://www.youtube.com/watch?v=gZtj5cG4wFI

Stefan Baumann, 29. Dezember 2015